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Saalewanderfahrt 1994

Du hast auf Stefans gestreckten Zeigefinger nicht reagiert?  Schade für Dich, denn Du hast etwas verpaßt. Es fanden sich letztendlich neun Teilnehmer, die das  verlängerte Wochenende auf der Saale mitmachten. Jochen Lademann stand als Hängerfährer zur Verfügung, so daß wir mit "Meißen" und "Mosel" eigene Boote mitnehmen konnten. Die Anfahrt verlief in drei  Etappen. Stefan reiste mit den "Kids" Bobby M., Tom P. und Jonas R. mit dem Zug an (wie zu hören war, bedauerte er, sein Oropax zu Hause gelassen zu haben), der Hänger mit Jochen, Dieter H., Anna H. und Zadig  K. steckten derweil im Megastau zwischen Berliner Ring und Elbebrücke fest und vertrieb sich die Zeit mit dem Zählen der überfahrenen Betonplatten, bis er gegen 1 Uhr Naumburg erreichte. so kam es, daß ich, der  Nachzügler, am nächsten Morgen vergeblich auf jemanden wartete, der mich vom Bahnhof zum Klub bringen sollte. Zum Glück hatte sich Stefan - wider seine sonstigen Gewohnheit - im Ruderklub einquartiert, so daß ich nach  40 - minütigem Fußmarsch die gerade Aufgestanden begrüßen konnte.

Naumburg war also unser Ausgangspunkt. Deutlich sichtbar die Hochwassermarken aus dem Frühjahr, die mich zu der Frage verleiteten, wie weit man die  Saale von oben eigentlich fahren kann. Die Entgegnung war eindeutig: Nur Abenteurer und Versicherungsbetrüger wurde so etwas wagen (wegen des stellenweise niedrigen Wassers und der Wehre). Die Unstrut wurde uns dagegen  ans Herz gelegt, nächstes Jahr soll sie von weit oben befahrbar sein, wem alle Schleusen repariert sind.

Nachdem Jochen und ich nach einer halber Stunde in Naumburg einen Bäcker mit 50 Brötchen aufgetrieben hatten,  konnte die Tour nach Frühstück und Saubermachen um 11.30 Uhr starten.

Vor uns lagen noch gute 50 km und sieben Schleusen; erfreut stellten wir die schöne Strömung fest (ca. 4- 5 km/h). Landschaftlich war  das Saaletal zuerst noch sehr reizvoll, kleine Schlösser und Weinberge sind fast ständig im Blick. in der ersten Schleuse nach sieben Kilometern war erst einmal für 35 Minuten Schluß: Mittagspause der Schleusenwärterin.  Vor der Schleusung erlaubte sich dann Bobby eine kleine Einlage, als er auf eine Ermahnung der Schleusenwärterin, die aber nicht ihm galt, an der schrägen Schleusenwand den Halt verlor und in Zeitlupe in die Schleuse  rutschte. Nach zwölf Kilometern und vielen Windungen erreichte man Weißenfels (kurz vor dem Ort muß das Eldorado der Angler sein. auf einem Kilometer Fluß ohne Übertreibung 497 Angler), wo man drei Schleusen innerhalb  innerhalb von drei Kilometern passieren muß.

Nach Weißenfels verläuft die Saale zwischen Bäumen in der Wiese, was Bobby veranlaßte, für mich die folgenden 15 km bis Bad Dürrenberg zum Training für Würzburg  umzufunktionieren (SF 27 in der Mosel). Die letzten zwölf Kilometer bis Merseburg mit einer heiklen Brücke und den Leuna- Kühlauslässen überstanden wir auch unbeschadet, so daß wir die zwei Merseburger Schleusen noch im  ausgehenden Tageslicht passieren konnten. Bobby durfte zum Aufwärmen die Distanz zwischen den Schleusen rennen, um 18 30 Uhr hatten wir die RG Merseburg (ex Chemie Buna) erreicht. In einer Art Gymnastikhalle schlugen  wir, nett begrüßt, unser Quatier auf, während sich die so "kaputten" Kids daran machten , mit Riemen den Ruderkasten zu durchpflügen. Nach Stefans opulenten russischen Hackfleischgericht traf man sich zum  Testen der Merseburger Gastronomie, wo der Abend gegen Mitternacht ausklang. Die Nachtruhe wurde dann von drei Teilnehmern falsch aufgefaßt, die meinten, daß Sägewerke nachts besonders effektiv arbeiten würden.

Der Sonntagmorgen wurde ruhig angegangen, da "nur' 22 km auf dem Programm standen. Meinten wir jedenfalls. Der Morgennebel lichtete sich nur zögernd, so daß wir das neue Riesenkraftwerk von Buna mehr  erahnten als sahen. die Strömung war seit Bad Dürrenberg auf Normalmaß (2- 3 km/h) geschrumpft, und es stand die Schleuse Planena an, von der wir definitiv wußten, daß sie nicht benutzbar war. Stefan und ich entschieden  uns nach eingehender Besichtigung die längste, aber sicherste Möglichkeit: ca: ein Kilometer Fußmarsch, dafür aber eine flache Einsatzstelle (die Anwesenheit des Hängers wäre daher sehr nützlich gewesen) Mit Jochen  Spezialkonstruktion (Gurt über der Schulter wie ein Möbelpacker) ertrugen wir die Qual tapfer (vor allem die Brennesseln) und hatten nach zwei Stunden alles hinter uns. Die letzten zwölf Kilometer nach und durch Halle  ließen wir es daher sehr ruhig angehen, die Hallenser Stadtschleusen (vier Schleusen auf sechs Kilometer), das Panorama und eine Bisamratte beeindruckten uns aber schon. Es gelang mir nun, Bobby für den Rest der Fahrt  etwas von seinem Overdrive zu nehmen (durch die permanente Drohung der Anwendung des Paddelhackens). Gegen 15.30 Uhr kamen wir im Universitätsbootshaus an, Machten uns auf die Burg Giebichenstein und zum Marktplatz mit  der Kirche und Händel- Denkmal führte. Einzig die Schwierigkeit, ein passendes Restaurant für unsere Anspffiche zu finden, beeinflußte wegen der knurrenden Mägen kurzzeitig die Stimmung. Wegen der drohenden Frühweckung  begaben wir uns dann recht frühzeitig in unsere Schlafsäcke in der Bootshalle.

Uberraschenderweise verlief das Fertigmachen am nächsten Morgen flott Jochen übernahm wieder den Landdienstpart (Dieter hatte  ihn am Sonntag inne), während die Mosel - getreu der alten Devise "Wer erstmal in der Schleuse ist, fährt nicht so schnell wieder heraus" die Schleusung hinauszögerte, bis auch die "Meißen' drin war (Das  Schiffahrtsamt vergibt für die Zeiten, an denen Fahrgastschiffe geschleust werden; wir bekamen also die Folgen einer alten Fehde ab). Gegen den steifen Westwind ging es Richtung Bernburg, das wir möglichst früh  erreichen wollten, um vor Rückfahrt noch etwas essen zu können. So verlegten wir unsere Pausen in die Wartezeiten vor den Schleusen in Wettin (schöne Burg), Rothenburg und Alsieben. Das Wetter hielt bis Bernburg, das  wir wegen schöner Strömung auf dem Schlußabschnitt gegen 15.30 Uhr erreichten. Beide Boote lagen neben dem Hänger, als das große Unwetter uber uns hereinbrach, Klitschnaß riggerten wir ab und machten den Hänger fertig,  um uns dann bei Spaghetti und Ketchupsauce wieder aufzuwärmen.

Jochen brachte die fünf Bahnfahrer (Anna, Zadig, Tom, Jonas und mich) in zwei Etappen zum Bahnhof. Im Zug ertrugen wir erst die Qualmsocken des Schaffners  und dann den übervollen Interregio ab Dessau, was aber Sprüchen und Stimmung keinen Abbruch tat (Jonas "Bravo" hatte dazu geradezu anirniert), Wir waren schon fast dabei, von Gertrud, Annemarie und Kurt von  der Wanderreisegruppe den berühmt- berüchtigten Passierschein A 38 (aus Asterix) einzufordern, weil sie ständig über unsere Füße trampelten, die wir auf zwei Quadratmetern im Türbereich "verstaut" hatten. Der  Transport gelangte ebenfalls recht schnell in die Hauptstadt zurück und traf noch die letzten Feiertagsruderer im Verein an.

Was war, was bleibt? Eine schöne Tour mit netten Leuten, anständigen Quartieren, schöner  Landschaft (auch zwischen Halle und Bernburg), richtig eingestellte Boote, kurze Anfahrtszeiten durch die Bahn, passables Wetter. Für die Zukunft wünsche ich mir eine Tour Unstrut- Saale- Elbe- Havel direkt zum Wannsee,  die dann auch genug Zeit läßt, sich die Innenstädte und Sehenswürdigkeiten von Naumburg, Merseburg, Halle.

Daniel Eckhardt

 

Äpfel lauen an der Schleuse
an der schleuse Ruderer
anna auf der Saale
jochen ruderboot
ruderboot tragen
bobby kniet auf dem Rollsitz
damen dusche ruderer
bernburg aufladen der Ruderboote